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Beitrag vom 05.02.2018
Hatun-Sürücü-Preis 2018 und Gedenkveranstaltung zum 13. Todestag von Hatun Sürücü am 7. Februar 2018. Benennung der Autobahnbrücke BAB A 100 in Hatun-Sürücü-Brücke
AVIVA-Redaktion
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus zeichnete am 2. Februar 2018 zum sechsten Mal drei Berliner Projekte und Initiativen mit dem Hatun-Sürücü-Preis aus. 1. PREIS: DONYA – TRANSKULTURELLE MÄDCHEN WG, 2. PREIS: VON MEISTERHAND e.V., 3. PREIS: SCHILLERIA GIRLSCLUB. "Mit dem grünen Preis für die Förderung der Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen rücken wir die Menschen in den Vordergrund, die sich oft im Stillen, aber mit Tatkraft und viel Herz für die Selbstbestimmung von Mädchen und jungen Frauen engagieren. Zugleich erinnern wir mit dem Preis an Hatun Sürücü, die am 7. Februar 2005 von einem ihrer Brüder ermordet wurde, weil sie ihr Leben selbstbestimmt und frei führen wollte."
Die drei diesjährigen Preisträger*innen zeigen, wie vielfältig das Engagement aussehen kann:
1. PREIS: DONYA – TRANSKULTURELLE MÄDCHEN WG
(500 Euro, gestiftet von Dr. Anne Schurbohm)
In der 2008 gegründeten transkulturellen Wohngruppe leben neun Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren. Die Jugendlichen haben in ihren Familien Gewalt oder Vernachlässigung erfahren oder stecken in Konfliktsituationen, die sie alleine nicht lösen können. Auch allein geflüchtete Minderjährige wohnen in der Wohngemeinschaft. Bei DonyA haben sie rund um die Uhr eine Ansprechpartnerin. Zusammen mit den Mitarbeiterinnen, die aufgrund ihrer eigenen Migrationsbiografie einen tieferen Einblick in die Lebensrealitäten der Mädchen haben, erarbeiten sie sich einen Weg in ein selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft. Jedes der Mädchen und jede junge Frau wird hier als einzigartiger Mensch mit seiner Geschichte, mit ganz persönlichen Bedürfnissen, Wünschen und Fähigkeiten wahrgenommen und gefördert. Da die Aufenthalte aus den Mitteln der Jugendhilfe finanziert werden, ist das Projekt für Aktivitäten wie z.B. Ausflüge auf Spenden angewiesen.
Mehr Infos unter: www.wildwasser-berlin.de
2. PREIS: VON MEISTERHAND e.V.
(300 Euro, gestiftet von Friesa Fastie)
Der Verein für Integration, Bildung und Kunsthandwerk "Von Meisterhand e.V." arbeitet seit 2012 mit dem Ziel, arbeitslosen Migrantinnen nachhaltige Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Durch die Förderung ihrer Talente und Fähigkeiten in hochkomplexen Häkel- und Knüpftechniken erfahren sie Anerkennung und Bewunderung und erleben, dass daraus auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit entstehen kann. Weiterhin bietet der Verein kostenlosen Deutschunterricht und Yogakurse für die teilnehmenden Frauen an und unterstützt sie bei der Bewältigung von Problemen wie z.B. Behördengänge. Durch die Teilnahme an den Angeboten erlangen die Frauen ein gestärktes Selbstbewusstsein, durch diese positiven Auswirkungen werden auch die Kinder der Frauen gestärkt. Der Verein finanziert sich zur Zeit ausschließlich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Mehr Infos unter: von-meisterhand.com
3. PREIS: SCHILLERIA GIRLSCLUB
(200 Euro, gestiftet von Barbara Binek)
Der Schilleria Girlsclub bietet Mädchen und jungen Frauen im Alter von 7 bis 19 Jahren unter dem Motto "Alle sind anders – alle sind gleich" Freizeitangebote im Neuköllner Schillerkiez. Seit 2002 treffen sich hier täglich 20 bis 25 Besucherinnen, die an Theater- Rap-, Tanz- und Graffiti-Workshops teilnehmen. Auch Bildungsworkshops und Hausaufgabenhilfe gehören zum Angebot, Empowerment- und Gewaltprävention werden bei der Schilleria groß geschrieben. Ende vergangenen Jahres zeigte sich in besonderem Maße, wie sehr die Mädchen und jungen Frauen des Kiezes sich mit der Schilleria verbunden fühlen. Nach der drohenden Schließung des Clubs aufgrund von Mieterhöhungen, brachten sie ihre Empörung im Kampf gegen Gentrifizierung lautstark durch kreative Öffentlichkeitsarbeit zum Ausdruck. Die Schilleria wird vom Jugendamt Neukölln finanziert.
Mehr Infos unter: schilleria.blogspot.de
DIE JURY 2018
Die Preisträgerinnen und -träger wurden von einer fünfköpfigen Jury ausgewählt. "Wir freuen uns sehr, dass wir in diesem Jahr Margarete Stokowski, Ilknur Gümüs und Dotschy Reinhardt als Jurorinnen gewinnen konnten":
Margarete Stokowski, Journalistin, ist in Neukölln aufgewachsen und hat Philosophie und Sozialwissenschaften studiert. Ihre Abschlussarbeit schrieb sie über Simone de Beauvoir, seitdem arbeitet sie als freie Autorin für verschiedene Zeitungen und Magazine. Drei Jahre schrieb sie die feministische Kolumne "Luft und Liebe" in der "taz", seit 2015 ist die Kolumnistin bei Spiegel Online. Im letzten Jahr erschien ihr erstes Buch "Untenrum frei"
Ilknur Gümüs, Gründerin und Vorstandsmitglied des Interkulturellen Beratungs- und Begegnungs-Centrums e.V. (IBBC e.V.), bietet seit 2005 verschiedene Qualifikationen und Berufsvorbereitungen an. Auch interkulturelle Trainings und Beratungen gehören zum Angebot der Einrichtung, welche Teil des "Bündnis Neukölln" ist. Außerdem hat Gümüs Mina - Leben in Vielfalt e.V. mitgegründet. Der Verein unterstützt Familien mit Zuwanderungsgeschichte, die Kinder und Angehörige mit Behinderung haben.
Dotschy Reinhardt, Jazzmusikerin, begann bereits im Alter von vier Jahren zu singen. Sie hat drei Alben veröffentlicht und zwei Bücher über die Gypsy-Kultur geschrieben. In diesen stellt sie dar, wie sich Sinti und Roma selbstbewusst gegen Ausgrenzung und die Aneignung ihrer Kultur behaupten. Seit 2016 ist Reinhardt Vorsitzende des Landesrats der Roma und Sinti, RomnoKher Berlin-Brandenburg e.V. und aktives SPD-Mitglied.
In der Jury sitzen zudem für die Grünen-Fraktion:
Anja Kofbinger, Sprecherin für Frauen-, Gleichstellungs- und Queerpolitik
Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipation und Beteiligung
Weitere Informationen zum Hatun-Sürücü-Preis und zur Preisverleihung finden Sie unter:
www.gruene-fraktion-berlin.de
Facebook-Event zur Preisverleihung: www.facebook.com
Gedenkveranstaltung zum 13. Todestag von Hatun Sürücü
TERRE DES FEMMES fordert dringend: Das neue Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen muss bekannter gemacht werden.
Am 7. Februar 2018 jährt sich der Todestag von Hatun Sürücü zum 13. Mal. Die Deutsch-Türkin wurde am 7. Februar 2005 mit 23 Jahren von ihrem jüngeren Bruder auf offener Straße in Berlin-Tempelhof erschossen. Es war ein sogenannter Ehrenmord, der die angeblich verletzte Ehre der Familie wiederherstellen sollte. Hatun Sürücü war mit 15 Jahren zwangsverheiratet worden und hatte sich aus der Ehe gelöst, um ihr Recht wahrzunehmen, selbstbestimmt zu leben. An den Mut der jungen Frau wird am Tatort in der Oberlandstraße in Berlin am 7. Februar um 14:00 Uhr mit einer Gedenkveranstaltung erinnert
Vertreten sein wird u.a. TERRE DES FEMMES. Außerdem wird um 16:45 Uhr die Neuköllner Gleichstellungsbeauftragte Sylvia Edler vor dem Rathaus in Neukölln die Fahne "Selbstbestimmt leben - gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" gehisst, die bis zum weltweiten Aktionstag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen "One Billion Rising" am 14. Februar 2017 weht.
Wie Hatun Sürücü werden auch heute noch minderjährige Mädchen (zwangs-)verheiratet und sind bedroht, Opfer eines "Ehren"-Mordes zu werden, wenn sie sich gegen die Unterdrückung wehren und selbstbestimmt leben wollen. Ein erster Schritt, um das zu verhindern, ist das seit 22. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen. Seitdem gilt in Deutschland das Mindestheiratsalter 18 ohne Ausnahme und Minderjährige dürfen nicht mehr in einer religiösen oder sozialen Zeremonie verheiratet oder verlobt werden. Ehen, die im Ausland mit Minderjährigen geschlossen wurden, sind in Deutschland nichtig bzw. werden aufgehoben.
Das neue Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen ist bisher viel zu wenig bekannt. "Wir fordern, dass verheiratete Minderjährige, wie es das neue Gesetz vorschreibt, vom Jugendamt zunächst in Obhut genommen werden, um eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen", sagt Maja Wegener, Abteilungsleiterin bei TERRE DES FEMMES. Auch müssen zeitnah weitere Maßnahmen zum Schutz der Minderjährigen eingeleitet werden. "Dazu muss aber das neue Gesetz erst einmal bei den zuständigen Stellen ankommen, und da sehen wir einen dringenden Handlungsbedarf", betont Maja Wegener. Aus diesem Grund hat TERRE DES FEMMES eine Informationsschrift zu den konkreten Gesetzesänderungen mit Handlungsmöglichkeiten und Fallbeispielen zusammengestellt, die derzeit bundesweit verbreitet wird. Sie kann kostenlos heruntergeladen werden unter: www.frauenrechte.de
"Früh- und Zwangsehen und letztlich "Ehren"-Morde zu verhindern, sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie darf nicht allein einzelnen Initiativen und Modellprojekten aufgebürdet werden", erklärt Maja Wegener. "Nur wenn alle gesellschaftlichen Akteure gemeinsam handeln, können wir dem Ziel näher kommen, dass alle Mädchen und Frauen in Deutschland selbstbestimmt, gleichberechtigt und frei leben können", sagt sie.
Hatun-Sürücü-Brücke
Am 18. Juni 2013 wurde dem Antrag auf Benennung einer Hatun Sürücü-Brücke zwischen Oberlandstraße und Tempelhofer Feld von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof-Schöneberg zugestimmt.
2018 schließlich wurde beschlossen, dass die Autobahnbrücke BAB A 100 über die Sonnenallee nach Fertigstellung als "Hatun-Sürücü-Brücke" benannt wird.
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Hatun-Sürücü-Preis 2017 – Grüne Fraktion zeichnete am 3. Februar zum fünften Mal drei Berliner Projekte und Initiativen aus
Damit rückt sie Menschen in den Fokus, die sich für Mädchen und junge Frauen engagieren. Zugleich erinnern sie an Hatun Sürücü, die am 7. Februar 2005 von einem ihrer Brüder ermordet wurde, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Gedenkveranstaltungen für Hatun Sürücü am 7. Februar in Berlin. (2017)
Hatun-Sürücü-Preis 2016 – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zeichnete Engagement für Mädchen und Frauen aus
Am 5. Februar 2016 wurden zum vierten Mal drei Berliner Projekte und Initiativen gewürdigt: 1. Preis: Mama Afrika e.V. 2. Preis: Interkultureller Mädchentreff Albatros gGmbH. 3. Preis: Afghanisches Kommunikations- und Kulturzentrum e.V.
Ziel des Frauenrechtspreises ist es, Menschen in den Vordergrund zu rücken, die sich oft im Stillen mit viel Tatkraft für die Emanzipation und Gleichberechtigung von Mädchen und junge Frauen einsetzen.
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin lobt zum vierten Mal den Hatun-Sürücü-Preis aus Hatun Sürücü wurde am 7. Februar 2005 Opfer eines sogenannten Ehrenmordes. Die junge Mutter hatte sich aus einer Zwangsehe befreit und danach ein selbstbestimmtes Leben in Berlin geführt. Kurz vor dem Abschluss ihrer Gesellinnenprüfung zur Elektroinstallateurin wurde sie von einem ihrer Brüder erschossen. Sie wurde nur 23 Jahre alt. (2015)
Hatun Sürücü-Brücke für 2016 geplant Am 7. Februar 2005 wurde die damals 23jährige alleinerziehende Kurdin in Berlin-Neukölln Opfer eines "Ehren"mords, weil sie selbstbestimmt leben wollte. Diverse Initiativen wie TERRE DES FEMMES unterstützen von Gewalt betroffene Frauen (2013)